Ausgabe Nr. 2/2022
Kriminologisches Journal 2/2022
Inhalt
Aufsatz
Kommerzielle Software vs. Eigenentwicklung. Verbreitung und Ausgestaltung von Predictive Policing in Deutschland
Simon Egbert & Karolin Kornehl
Der Aufsatz präsentiert eine empirische Bestandsaufnahme von Predictive Policing in Deutschland und macht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den jeweiligen Herangehensweisen in den betreffenden Bundesländern zum Gegenstand der Analyse. Es wird argumentiert, dass die unterschiedlichen Arten und Weisen der Implementierung und Anwendung von polizeilicher Prognosesoftware auf unterschiedliche Interpretationen über die beste Art und Weise, prognosebasierte Polizeiarbeit zu vollziehen, zurückgehen. Damit werden die differierenden Wissensbestände und Relevanzsetzungen in den jeweiligen Behörden wichtig, die letztlich vor allem in unterschiedlichen Antworten auf die Frage kulminieren, ob die Polizei ihre Prognosesoftware extern einkaufen oder intern entwickeln soll. Denn während einige Behörden auf die Dienste kommerziell erwerbbarer Prognosesoftwares zurückgreifen, ziehen es andere vor, ein solches Instrument in Eigenregie zu programmieren. Welche Argumente für das jeweilige Vorgehen vorgebracht werden, ist Gegenstand dieses Beitrag.
Diskussionsbeiträge
Die neue Debatte zum Sexkaufverbot – eine Konfrontation alter Argumente
Andreas Ziemann
Der Diskussionsbeitrag leistet eine systematische Gegenüberstellung jeweils fünf einschlägiger Perspektiven und Argumente für und gegen käufliche Sexarbeit. Intendiert werden damit eine neue Offenheit der ideologisch geführten Debatte, eine Verständigung über mögliche neue Regulierungsideen und -optionen und schlussendlich auch eine gezielte Handreichung und Begleitung der ab Juli 2022 beginnenden Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes und seiner föderalen Ausführungsgesetze.
Strafrechtsliberalisierung durch die Hintertür? Anmerkungen zur Debatte um Punitivität in der Jugendstrafgesetzgebung
Dirk Lampe & Annemarie Schmoll
Im Jahr 2019 erfolgte mit dem „Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ eine – sofern diese Reform ernst genommen wird – weitreichende Liberalisierung des Jugendstrafrechts. Diese ist in der kriminologisch-wissenschaftlichen Debatte im Allgemeinen sowie in der Punitivitätsforschung im Speziellen bisher größtenteils unberücksichtigt geblieben. Der Beitrag stellt Überlegungen zu den Gründen für diese Nichtbeachtung an und schlägt darauf basierend vor, sowohl supranationale Prozesse der Kriminalpolitik als auch verfahrensrechtlich geprägte und zumeist institutionsgebundene Praktiken sozialer Kontrolle auf der soziologischen Mikroebene zukünftig stärker in den Blick der Punitivitätsforschung zu nehmen.
Im Gespräch
Zum Potential einer sozialwissenschaftlichen Kriminologie
Dörte Negnal, Bernd Belina, Christine Hentschel, Ralf Kölbel, Susanne Krasmann, Bettina Paul & Fritz Sack
Zum Anlass des Gesprächs: Die anberaumte Schließung des Master-Studiengangs Internationale Kriminologie an der Universität Hamburg durch Nicht-Besetzen von Professuren sorgt für eine Neuauflage der Diskussion über die Verortung einer sozialwissenschaftlichen Kriminologie. Die Protestschreiben, Stellungnahmen (im Heft) und studentischen Initiativen (#Care4Criminology, #stopthecuts: Mehr statt weniger!1) gegen die Sparpolitik sind begrüßenswert und regen zur Diskussion darüber an, welches Potential sozialwissenschaftliche Perspektiven in der Kriminologie bergen. In diesem Gespräch möchten wir dazu gerne aktuelle Positionen ausloten.
Buchbesprechungen
Felicitas Hesselmann: Die Bestrafung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Zwischen Selbstreinigung und autoritativer Sanktion (Legnaro)
Valeria Vegh Weis: Marxism and Criminology. A History of Criminal Selectivity (Sack)
Nachruf
Nachruf auf Heiner Busch
Benjamin Derrin & Tom Jennisen
Informationen
Gutachter*innen der Jahrgänge 2020 und 2021
Stellungnahme des KrimJ-Herausgeber*innenkreises zur geplanten Schließung des Studienganges Internationale Kriminologie
Call for Abstracts "Special Issue Behemoth" - Polizeiliche Performanzen von Gewalt