Ausgabe Nr. 1/2018
Kriminologisches Journal 1/2018: 50 Jahre Kriminologisches Journal und Schwerpunktthema "G20-Gipfel in Hamburg"
Inhalt
Editorial: 50 Jahre KrimJ – Ein Forum für die Kritische Kriminologie. Kritisch, interdisziplinär, wissenschaftlich undogmatisch, politisch
Die Redaktion des Kriminologischen Journals
Notate zum Anlass des 50. Jahrgangs des Kriminologischen Journals
Etikettierung. Ein Notat
Helga Cremer-Schäfer
Das vorliegende Notat betrachtet die Geschichte der Nutzung des Etikettierungsansatzes bzw. des Labelling Approachs in der kritischen Kriminologie. Dargestellt werden die analytischen Stärken dieses wissenschaftlichen Programms sowie Überlegungen, wie entsprechende Forschungen gegenwärtig nutzbringend eingesetzt werden könnten.
Racial Profiling
Bernd Belina & Svenja Keitzel
Wie kaum ein anderer Bereich akademischer Wissensproduktion ist die Kritische Kriminologie dafür prädestiniert Racial Profiling zu untersuchen und zu kritisieren. Im Notat werden drei Leerstellen der Forschung aufgezeigt, die mit Aufforderungen an die Kritische Kriminologie verbunden werden: Racial Profiling empirisch nachzuweisen, Verschiebungen systematischer Kriminalisierungen gesellschaftstheoretisch fundiert nachzuzeichnen und dies gemeinsam mit und aus der Perspektive der Betroffenen zu tun.
Das Schweigen der Kritischen Kriminologie
Daniela Klimke & Rüdiger Lautmann
Gefahrendiskurse um sexuelle Gewalt treffen auf ein Unterhaltungsschema der Skandalisierung und auf eine viktimistischen Grundorientierung in der Gesellschaft. Seit den 1990er Jahren werden in dichter Folge immer neue sexuelle Problemlagen schrill präsentiert und durch ein breites Publikum begierig aufgenommen. Vermeintlich entschiedene politische Reaktionen münden in ständige Verschärfungen des Sexualstrafrechts. Die Kritische Kriminologie schweigt hierzu beharrlich und für die Autoren irritierend. Hierfür versuchen wir uns an einigen Erklärungsansätzen.
Devianz und Herrschaft. Auf der Suche nach universellen Devianzthematisierungen verloren gegangener Zusammenhänge
Johannes Stehr
Die Frage nach Invarianzen von Devianzthematisierungen, die Helge Peters in seinem Beitrag formuliert und beantwortet, lässt sich produktiver wenden, wenn nicht nach universellen Devianzthematisierungen gesucht wird, sondern Diskontinuitäten und Kontinuitäten von Devianzthematisierungen in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden. Mit der Entstehung von herrschaftlich organisierten Gesellschaften ändern sich sowohl die Thematisierungs- als auch die Umgangsformen mit Devianz. Devianz kann in akephalen Gesellschaften als Ressource zur Abwehr von Herrschaft bestimmt werden, in staatlich organisierten Gesellschaften sind Devianzthematisierungen (mehr oder weniger) unmittelbar mit der Durchsetzung und Darstellung von Herrschaftsordnungen verbunden.
Schwerpunktthema "G20-Gipfel in Hamburg"
Policing der NoG20-Proteste in Hamburg im Juli 2017. Ergebnisse einer strukturierten Demonstrationsbeobachtung
Daniela Hunold, Philipp Knopp, Stephanie Schmidt, Roman Thurn & Peter Ullrich
Im Beitrag werden Ergebnisse einer strukturierten Beobachtung zum polizeilichen Umgang mit den Protesten beim G20-Gipfel in Hamburg vorgestellt sowie mit Bezug auf relevante Erkenntnisse zu Protest Policing und Bedingungen der lokalen Konflikthistorie diskutiert.
Die Hamburger Linie. Der G20-Gipfel in Hamburg aus rechtsstaatlicher Perspektive - ein Kommentar
Moritz Assall
Ein rechtspolitischer Kommentar zu den Geschehnissen rund um den G20-Gipfel in Hamburg. Der Schwerpunkt wird dabei auf die juristischen und praktischen Auseinandersetzungen um Übernachtungscamps für Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer gelegt sowie auf die politische und juristische Rolle der Polizei in diesem Konflikt. Die Konzeption des Rechtsstaats und seiner checks and balances erweist sich dabei als überraschend labil, durchsetzungsschwach gegenüber der Polizei als Akteurin und im Ergebnis abhängig von politischem Konsens und seiner Beachtung.
Zielkonflikte, "Kontrollverluste", Verselbständigung. Einige Anmerkungen zum Polizeieinsatz beim G20-Gipfel in Hamburg
Peer Stolle
Der vorliegende Beitrag betrachtet den Polizeieinsatz während des G20 Gipfels in Hamburg aus einer rechtsstaatlichen Perspektive. Aufgrund politisch verursachter Zielkonflikte war ein Kontrollverlust bis hin zu einer Verselbstständigung des Einsatzes fast unvermeidbar.
Von 1984 zu G20 in Hamburg? Eskalationsdynamiken und das Polizieren von Protest - Ein Gespräch mit Fritz Sack
Fritz Sack & Dirk Lampe
Im Jahr 1984 erschien das zweibändige Werk „Protest und Reaktion“ von Fritz Sack und Heinz Steiner. Bis heute stellt es eines der zentralen Auseinandersetzungen der Kritischen Kriminologie mit dem Themenfeld von Protest, Widerstand und Demonstrationen dar. Anlässlich des 50. Jahrganges des Kriminologischen Journals und des Schwerpunktes zum G20 Gipfel in Hamburg traf sich Dirk Lampe, stellvertretend für die Redaktion des Kriminologischen Journals, mit Fritz Sack, zu einem Gespräch über (gewaltsame) Demonstrationen, (eskalierende) Polizeieinsätze und die gesellschaftspolitische Einbettung der Hamburger Ereignisse.